John Lennon
John Winston Lennon wurde am 9. Oktober 1940 in Liverpool geboren. Sein Vater Freddy war Seemann und die Mutter Platzanweiserin in einem Kino. John kannte seinen Vater kaum. Er war fast immer auf See und die lebenslustige Mutter brachte fremde Männer ins Haus und hatte bald noch drei uneheliche Kinder. John waren die fremden Besucher unheimlich und die häusliche Situation bedrückte ihn. Julia brachte ihren Sohn John zu ihrer Schwester Mimi und deren Mann George. Sie spürte wohl, dass sie überfordert war und ihrer Muterrolle nicht gerecht wurde. Mimi und George hatten keine eigenen Kinder und behandelten John wie ihren eigenen Sohn. Tante Mimi war sehr fürsorglich, aber auch streng. Onkel George war nur liebevoll und nachsichtig. Für Liverpooler Verhältnisse waren die beiden gut situiert und konnten John das Gefühl der Geborgenheit und ein gepflegtes Zuhause bieten. Julia besuchte ihren Sohn dort regelmäßig. Sie heckte mit ihrem Sohn Streiche aus und spielte für ihn Banjo, brachte ihm einige Griffe bei und schenkte ihm schon früh eine Gitarre. John liebte ihre Spontanität und ihr unkonventionelles Verhalten. George und vor allem Mimi waren dagegen sehr angepasst. John konnte als kleines Kind mit Spielsachen nicht viel anfangen. Sie interessierten ihn nicht. Er hörte mit Vorliebe Radio und malte Bilder. Mit vier Jahren konnte er schon lesen.
Die Ehe der Eltern ging schon früh in die Brüche. Als der Vater begriffen hatte, dass seine Ehe nicht zu retten war, kam er unverhofft zurück und stellte seinem Sohn die Frage, bei wem er leben wolle. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, John mit nach Neuseeland zu nehmen. John entschied sich weinend für den Vater, lief dann aber hinter seiner Mutter her, als sie traurig den Raum verlassen hatte. Für John war dieser Tag ein traumatisches Erlebnis. Als John elf Jahre alt war, starb sein Onkel George. John litt sehr unter diesem Verlust, denn der Onkel war ihm ein liebevoller Ersatzvater gewesen.
Die Schule interessierte John nicht sonderlich. Er hatte immer das Gefühl, man wolle ihm die Individualität rauben. John hielt nichts von Autoritäten und bekam oft Verweise, weil er den Unterricht störte. Als junger Mann schwärmte er für Elvis Presley und er liebte den Rock and Roll. Er gründete eine Schülerband und nannte sie die Quarry Men. Sie spielten zuerst Skiffle und dann Rock and Roll. Schon früh stieß Paul McCartney dazu, der im Gegensatz zu John aus einer musikalischen Familie stammte und das Gitarrenspiel perfekt beherrschte. Als John achtzehn Jahre alt war, wurde seine Mutter auf dem Heimweg vor Tante Mimis Haus von einem Auto angefahren. Sie war sofort tot. Für John war es ein schwerer Schock. Er versuchte, das Ereignis zu verdrängen und versteckte seine Gefühle hinter einer Maske. Er wurde zynisch und entwickelte einen Sinn für schwarzen Humor. Manchmal wurde er aber auch einfach nur wütend und schoss Pfeile auf Menschen ab, die er nicht leiden konnte.
John besuchte die Kunstakademie. Er fiel durch sein exzentrisches Verhalten und seine unkonventionelle Kleidung auf. Seine Bilder waren dunkel und hatten einen kräftigen Strich. Er malte Szenen an der Bar und Mädchen, die wie Brigitte Bardot aussahen. Diese Schauspielerin war sein Schwarm. Auf den frühen Bildern waren immer Musiker abgebildet. Die Lehrer nahmen seine Arbeiten kaum zur Kenntnis und sahen in ihm nur einen Störenfried.
Johns erste Liebe hieß Thelma Pickles. Er lernte sie auf der Kunstschule kennen. Ihr Vater hatte die Familie auch früh verlassen. John mochte sie, weil sie auch gegen die Enge und die Spießigkeit ihrer Umgebung rebellierte. Diese Liebe war aber nicht sehr romantisch und verflüchtigte sich sehr schnell. Danach lernte er seine spätere Frau Cynthia Powell kennen. John hatte sie auch in einem Kursus auf der Kunstschule kennen gelernt. Sie benahm sich vorbildlich und war streng erzogen worden. Ihr Vater war an Krebs gestorben, als Cynthia siebzehn Jahre alt war. Sie hatte im gleichen Alter wie John einen Elternteil verloren und das verband sie mit John. Bald waren sie ein unzertrennliches Liebespaar. Tante Mimi wusste lange nichts von dieser intensiven Liebesbeziehung. John und Cynthia trafen sich heimlich.
John und Paul hatten begonnen, eigene Songs zu schreiben. Die Quarry Men spielten in einem Club in West Derby, einem Vorort von Liverpool. Unter dem Namen Silver Beetles machten sie eine kleine Tournee durch Schottland. Im Juni 1960 nannte sich die Gruppe The Beatles und Allan Williams vermittelte die Gruppe nach Hamburg. Der Manager des Kaiserkellers engagierte sie für den August 1960. John war recht froh darüber, denn die Kunstakademie hatte er abgeschrieben, nachdem er durch eine wichtige Prüfung gefallen war. Man stand kurz davor, ihn von der Schule zu verweisen. Die Gruppe bestand jetzt aus John Lennon, Paul McCartney, George Harrison, Stuart Sutcliffe spielte den Bass und Pete Best saß am Schlagzeug. Stuart Suttcliffe beherrschte sein Instrument kaum. Er war eigentlich nur in der Gruppe, weil er mit John Lennon eng befreundet war. Auf geistigem Gebiet waren sie sich ebenbürtig und Stuart war ein äußerst begabter Zeichner. Stuart sah sehr gut aus und wirkte wie ein Magnet auf die Mädchen, die im Publikum waren.
Als die Beatles in Hamburg waren, vermisste John seine Cynthia und schrieb ihr regelmäßig Briefe. Zuerst spielten sie im Indra, dort gab es kaum mehr als zwölf Zuschauer am Abend. Im Kaiserkeller mussten die Beatles hart und unter schlechten Bedingungen arbeiten. Ihre Zimmer lagen hinter einer Kinoleinwand und waren schmutzig. Sie schliefen auf Feldbetten und die sanitären Anlagen waren eine Katastrophe. Sie waren verpflichtet, von acht Uhr abends bis zwei Uhr morgens zu spielen. Dazwischen lagen nur kleine Pausen. John lieferte oft eine Freakshow ab. Er spielte harten Rock and Roll und beschimpfte die Zuschauer als Nazis, während es unter den Betrunkenen im Publikum oft zu Schlägereien kam und die Rausschmeißer einige Leute mit Schnappmessern und Totschlägern bedrohten. Es war eine harte und wilde Zeit. John spülte Preludin mit Alkohol hinunter, um sich wach zu halten. In Hamburg lernten die Beatles den Grafiker Klaus Voormann und seine Freundin Astrid Kirchherr kennen. Sie war eine ausgezeichnete Fotografin. Außerdem lernten sie dort noch eine andere Gruppe aus Liverpool kennen, die auch im Kaiserkeller auftrat. Sie nannten sich Rory Storm and the Hurricanes. Ringo Star saß am Schlagzeug. Astrid Kirchherr und Stuart Sutcliffe verliebten sich ineinander und waren bald unzertrennlich. Astrid war eine überzeugte Existenzialistin und John war fasziniert von dieser gebildeten Frau. Bald entwarf Astrid neue Anzüge für die Beatles, die ganz im Stil der Existenzialisten gehalten waren, ausschließlich schwarz mit weißen Kragen. Sie war auch die Erfinderin der Pilzkopf-Frisur. Astrid Kirchherr prägte so das Image der Beatles, ohne dass sie es eigentlich merkten. Später waren sie ihr dafür sehr dankbar.
Die Beatles wurden in Hamburg langsam bekannt. Eines Tages wurden sie in das Top Ten eingeladen, um sich den Sänger Tony Sheridan anzuhören. Bald standen sie mit Tony Sheridan auf der Bühne und nahmen ihre erste Single "My Bonnie" mit ihm auf. Der Veranstalter des Kaiserkellers betrachtete diesen Akt als Vertragsbruch und zeigte die Gruppe bei der Polizei an. George Harrison wurde festgenommen und musste eine Nacht im Gefängnis verbringen, weil er als Minderjähriger im Ausland gearbeitet hatte. George musste zurück und die anderen Beatles folgten ihm, weil der Veranstalter sie rausgeworfen hatte. Nur Stuart blieb in Hamburg zurück, weil er sich mit Astrid verlobt hatte.
John Lennon kehrte vollkommen pleite nach Liverpool zurück. Das wenige Geld, das die Gruppe verdient hatte, war für das Essen, Bier und Kleidung draufgegangen. John hatte einen Tiefpunkt erreicht, aber Tante Mimi schenkte ihm eine Rickenbacker-Gitarre, auf die er sehr stolz war. Bald spielten die Beatles im Cavern Club, ein Keller, in dem sonst nur Jazz zu hören war. John Lennon hasste den Jazz und wollte regelrecht einen Kreuzzug gegen ihn führen. Zu dieser Zeit liebte John Songs wie "What`d I Say", "Hallelujah". "I Love Her So", "Mailman", "Over The Rainbow", "Mean Woman Blues" und "Love Me Tender".
Im Jahr 1961 managte Brian Epstein die Beatles. Er leitete die Plattenabteilung des NEMS-Ladens in Whitechapel. Er war sehr geschäftstüchtig und setzte sich enorm für die Beatles ein, nachdem er sie im Cavern Club gehört hatte. John Lennons Ausstrahlung hatte ihn tief beeindruckt. Die Beatles spielten auch zur Mittagszeit im Cavern. Zu dieser Zeit wurden keine alkoholischen Getränke serviert. Brian machte die Beobachtung, dass viele junge Mädchen die Schule schwänzten, nur um die Beatles zu sehen. In seinem Geschäft lagen auch Zeitschriften aus, die über den neuen Mersey-Beat berichteten. Bald schrieb John Lennon für die Zeitung kleine Artikel. Die Beatles wurden in Liverpool immer bekannter und bald waren sie die Galionsfiguren des Mersey-Beat, der die Welt im Sturm erobern sollte. Brian Epstein schickte die Beatles wieder nach Hamburg. Sie sollten zur Eröffnung des Hamburger Star Clubs spielen. Brian Epstein bestand darauf, dass die Beatles nach Deutschland flogen, anstatt mit der Bahn und dem Schiff zu reisen. Als die Beatles in Hamburg landeten, erfuhren sie von Astrid, dass Stuart Suttcliffe kurz zuvor gestorben war. Er hatte schon eine ganze Weile an starken Kopfschmerzen gelitten. Als seine Schmerzanfälle zu heftig geworden waren, hatte Astrid einen Krankenwagen gerufen. Stuart war auf der Fahrt ins Krankenhaus in ihren Armen gestorben. Als Todesursache wurde Hirnparalyse angegeben. Als John diese traurige Nachricht hörte, brach er in ein hysterisches Gelächter aus. Seit dem Tod seiner Mutter konnte er nicht mehr trauern und weinen. Die Nachricht muss in ihm einen Schock ausgelöst haben, aber er konnte seine Gefühle nicht zeigen. Astrid versank zu dieser Zeit in eine tiefe Depression. John Lennon kümmerte sich rührend um sie und konnte sie bald wieder ein wenig aufbauen.
Im Star Club hatten die Beatles ihre wildeste Zeit. Sie wohnten in einer kleinen Wohnung über dem Star Club und dort wurden dann auch wüste Partys gefeiert, bei denen es auch zu Schlägereien kam. John gebärdete sich zeitweise wie ein Wilder. Einmal pinkelte er von der Balkonbrüstung mitten auf die Große Freiheit. Einmal hatte er sich nach einem seiner Auftritte eine Klobrille um den Hals gehängt. Die Musik der Beatles war laut und ungewöhnlich und ihre Auftritte so wild und exotisch, dass sie in Hamburg Aufsehen erregten. Einmal kauften sie sich auf dem Fischmarkt ein Schwein und führten es an der Leine auf der Reeperbahn spazieren. Diese spektakulären Auftritte in Hamburg waren der erste Schritt nach oben.
Als die Beatles nach Liverpool zurückkehrten, war Cynthia schwanger. Sie lebten zu dieser Zeit in einer kleinen Einzimmerwohnung nahe der Penny Lane. Als John von der Schwangerschaft erfuhr, sagte er: "Mach dir keine Sorgen, Cyn. Wir heiraten." Sobald die Entscheidung zur Hochzeit gefallen war, wollte John "die Sache" schnell hinter sich bringen. Insgeheim hatte er große Angst vor dem Verlust der Freiheit. Brian Epsteins Hochzeitsgeschenk war die freie und uneingeschränkte Benutzung seiner großen Wohnung in der Falkner-Street gegenüber der Kunstakademie. Drei Monate vor der Hochzeit hatte Brian Epstein für die Beatles einen Schallplattenvertrag bei EMI mit George Martin ausgehandelt. Dafür sollte aber der Schlagzeuger Pete Best gegen Ringo Star ausgetauscht werden. Die Fans sollten von Johns Ehe nichts erfahren, also wurde diese Tatsache geheim gehalten. Nach Johns Flitterwochen gingen die Beatles mit Helen Shapiro auf Tournee. Helen Shapiro war die beliebteste Sängerin in England und sie hatte sich im Laufe der Tournee heimlich in John verliebt. Die Auftritte der Beatles auf dieser Tournee waren ein großer Erfolg.
Am 8. April 1963 wurde John ein Sohn geboren. Es war keine leichte Geburt, denn die Nabelschnur hatte sich um den Hals des Kindes gewickelt. Zu dieser Zeit waren die Beatles noch auf Tournee durch England. Das Kind hatte ein Muttermal auf dem Kopf und wurde John Charles Julian genannt. Später behielt er den Rufnamen Julian. Dieser Name erinnerte an Johns Mutter Julia. John hatte kaum Zeit für seinen Sohn. Er erfuhr aus der Zeitung, dass sein Sohn getauft wurde. Drei Wochen nach Julians Geburt machte John Lennon mit Brian Epstein Urlaub in Spanien. Bob Wooler, ein alter Freund, der die Beatles im Cavern angekündigt hatte, machte John gegenüber leichte Anspielungen, weil Brian Epstein homosexuell war. John Lennon schlug ihn darauf so zusammen, dass er ins Krankenhaus musste. John Short vom Daily Mirror nutzte diesen Anlass, um überregional über die Beatles zu berichten.
Im Herbst 1962 landeten die Beatles mit "Love Me Do" ihren ersten Hit und zwei Jahre später waren die Beatles die größten Entertainer der Welt. Ihre zweite Single schoss sofort auf Platz 1 und 1963 gingen die Beatles auf große Tournee durch ganz England. Im Bus spielten John und Paul mit dem Gedanken, mitten auf der Bühne auf das Mikrofon zuzustürzen, die Köpfe zu schütteln und "Wooo" zu singen, wenn sie den Song "She Loves You" bringen würden. Als sie damals über diese Idee sprachen, wurden sie ausgelacht. Alle glaubten, man würde sie für schwule Spinner halten.
In einer elfstündigen Aufnahmesession entstand das erste Album der Beatles. Paul übernahm bei Pressekonferenzen die Rolle des Redners, aber Johns Wort war in der Gruppe Gesetz. John las auf Tourneen viel Zeitung, dabei entwickelte er die Ideen für seine Texte. Er las auch viele Bücher und ließ sich vom Fernsehen inspirieren. Die Plattenverkaufszahlen, die plötzlich einen Trend zur neuen Beatmusik verzeichneten, zwangen die Redakteure des Melody Maker über diesen neuen Sound zu berichten. Die Beatles erschienen jede Woche auf der Titelseite. Nicht nur ihre Platten, die die Hitlisten stürmten ("She Loves You" stand sieben Wochen an der Spitze und "I Want To Hold Your Hand" lag vier Wochen in Führung) sondern auch die zynischen und spitzzüngigen Interviews, die Lennon gab, trugen zum unerwarteten Erfolg der Gruppe bei. Der Jazz und die schnulzigen Balladen der Erwachsenen waren nun nicht mehr heilig und wurden von einem neuen Trend bedroht.
John und Cynthia zogen nach London. Als diese Neuigkeit durchsickerte, war Brian Epstein erbost. Der neue Wohnsitz wurde ständig von Fans umlagert. John Lennon stritt sich mit Brian Epstein über die Geheimhaltung seiner Ehe. Tony Barrow, der damalige Pressesprecher der Beatles, führte Epsteins Beharren auf der Geheimhaltung auf Brians Homosexualität zurück. Er hatte wahrscheinlich gefürchtet, auch sein Privatleben könne an die Öffentlichkeit kommen. Ansonsten hatte John Lennon großen Einfluss auf Brian Epstein, dessen Glaube und Hingabe an die Gruppe wirklich groß war. Nur im Studio hatte er nichts zu sagen.
John trank indessen sehr viel und diskutierte gern mit Mick Jagger und Alan Price. Es bestand ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Beatles und die Rolling Stones niemals gleichzeitig eine Single herausbrachten, denn das gleichzeitige Erscheinen dieser Supergruppen hätte die Fans in Verwirrung stürzen und in Lager aufspalten können. Paul sprach den Zeitpunkt mit Mick Jagger ab.
Bei der Royal Variety Show in London machte John Lennon einen witzigen, respektlosen Ausspruch: "Würde das Publikum auf den billigeren Plätzen jetzt klatschen? Der Rest kann einfach mit den Juwelen rasseln." Auf den Europatourneen kreischten die Fans und überschrien die Beatles. Eine große Hysterie war ausgebrochen und die Mädchen fielen reihenweise in Ohnmacht. Die Auftritte der Beatles wurden bald zum Ritual und die Musik wurde unwesentlich. John Lennon kam sich wie ein zur Schau gestelltes Monster vor, rausgekarrt und zur Schau gestellt und wieder in den Käfig gesperrt. Es war wie im Zirkus. John Lennon trug zu dieser Zeit Kontaktlinsen, die er manchmal auf der Bühne verlor. Es machte ihm dann wirklich Angst, wenn er diesen ungeheuren Lärm hörte und dabei nichts mehr erkennen konnte. Johns Stärke kam bei den Songs wie "Twist and Shout" und "Money" heraus, wogegen sich Paul mit den sanften Songs wie "All My Loving" an die Mädchen im Publikum wandte. Im Studio war der Song "I Feel Fine" die allererste Plattenaufnahme mit Feedback-Technik. John liebte die Experimente im Studio, aber die Konzerte hatten seiner Meinung nach nichts mehr mit Musik zu tun. Er nannte sie beschissene Stammesriten. Einmal wurde Johns Rolls-Royce von den weiblichen Fans mit Lippenstift beschmiert und verbeult. Mädchen hämmerten gegen die Türen und die Kotflügel und blockierten die Straßen. Als der Chauffeur wütend aussteigen wollte, um die Mädchen zu vertreiben, rief John: "Lass sie in Ruhe. Sie haben den Wagen bezahlt. Es ist ihr Recht, ihn klein zu schlagen."
John kaufte sich einen Swimmingpool und viele Bücher. Das Kaufhaus Harrods hatte kurz vor Weihnachten extra geschlossen, damit die Beatles in Ruhe einkaufen konnten. Die Beatles waren über Nacht reiche Leute geworden. John Lennon begann, mit Drogen zu experimentieren. Sein erster LSD-Trip erschien ihm schrecklich, aber dann fand er, die Droge sei bewusstseinserweiternd. Nebenbei rauchte er Marihuana. Cynthia sah ihren Mann zu diesem Zeitpunkt auf einem anderen Planeten. Mit dem Einzug der Drogen ging die Ehe langsam in die Brüche. Ein anderer Grund war, dass John kaum Zeit für seinen Sohn hatte.
1964 war der Erfolg in Amerika sicher. In dieser Zeit wurde Gorge Harrison zum "Geld-Beatle" abgestempelt, weil er darum kämpfte, dass John und Paul die Songs anerkennen sollte, die er schrieb, aber gegen den Produktionseifer von Lennon-McCartney kam er nicht an. Die Beatles kauften sich zu dieser Zeit große Landhäuser. John und Cynthia kauften sich ein Haus in Surrey, um der Belagerung der Fans in West-Kensington zu entkommen. John kaufte sich einen Rolls-Royce und ließ ihn in allen Regenbogenfarben bunt bemalen. Die Fans eiferten ihm nach und so wurde die Welt zu dieser Zeit ein wenig bunter. Das neue Landhaus wurde aber eine neue Pilgerstätte für die Fans. Es wurde ständig belagert. Das Grundstück verwandelte sich in ein ständiges Feriencamp. Es wurde ständig fotografiert und die Fans zupften sogar den Rasen aus, um ein Andenken zu haben.
John verbrachte bald viel Zeit damit, zu schreiben und zu zeichnen, weil er sich dabei wunderbar entspannen konnte. Als Brian Epstein diese Aufzeichnungen sah, machte er den Vorschlag, sie zu veröffentlichen. 1964 kamen sie unter dem Titel "In seiner eigenen Schreibe" heraus. In diesem Buch gab es viele witzige Wortspiele. Ein Parlamentsabgeordneter der Konservativen schien John Lennons Buch nicht zu verstehen und hielt ihn für einen Analphabeten, weil zum Beispiel eine der Geschichten "Beim Zahnarscht" oder "Morden, morden, nur nicht heute" betitelt war. Er war der Meinung, dieses Buch werfe ein Licht auf die schlechte Schulbildung in Liverpool. Johns Buch kam auf Platz 1 der britischen Bestsellerliste. In London galt John Lennon bald als literarische Neuentdeckung und so wurde er der "intelligente Beatle". Ein Jahr später erschien das Buch "Ein Spanier macht noch keinen Sommer".
John wollte an seinen Texten und an seiner Musik niemals lange herumfeilen. Bei ihm geschah alles spontan. Bald gehörte Bob Dylan zu seinen großen Vorbildern. John orientierte sich zunehmend an seinen Texten. Inzwischen wurde das Haus von Tante Mimi immer mehr von den Fans belagert. Immer wieder musste sie eine neue Telefonnummer beantragen. Daraufhin kaufte John seiner Tante ein neues Haus. Brian Epstein kam auf die Idee, mit den Beatles einen Film zu drehen. Der erste Versuch wurde mit "A Hard Days Night" gewagt. Ein Jahr später folgte "Help". Unabhängig davon betätigte sich John als Schauspieler in dem Film "Wie ich den Krieg gewann", der ein wenig anspruchsvoller war. Die Filmhandlung der Beatles-Filme fand John ziemlich lächerlich. Manchmal hatte er das Gefühl, er hätte seine Seele dem Teufel verkauft. Paul McCartney hingegen genoss den Ruhm in vollen Zügen. Obwohl Paul von einer romantischen Aura umgeben war, hatte er doch mehr Durchsetzungskraft und mehr Geschäftssinn als John und konnte sein Leben gut strukturieren. In ihrem tiefsten Wesenskern waren sie sich dennoch sehr ähnlich. Es herrschte immer eine Spannung zwischen ihnen, weil sie beide ausgezeichnete Songwriter waren. Sie bildeten kein Team, sondern sie waren zwei Songwriter, die in Konkurrenz miteinander standen, aber dennoch gemeinsam an ihren Songs herumfeilten. Im Studio war es Paul, der immer an den Songs lange herumfeilte und alles immer noch perfekter machen wollte. John folgte nur der ersten Intuition und wollte die Songs schnell auf dem Band haben. Im Studio mochte John Lennon die eigene Stimme nicht hören und er bat den Produzenten George Martin, die Stimme durch Bandverzögerungen zu verändern. George Martin war nicht gerade begeistert von Johns Wünschen, denn er fand Johns harte und rohe Stimme sehr gut.
Im Jahr 1965 tauchte Johns Vater Freddy ganz unverhofft auf. John war verbittert, weil er sich die letzten zwanzig Jahre nicht hatte blicken lassen. Er war enttäuscht, denn sein Vater war inzwischen Tellerwäscher geworden und wollte sich bei seinem Sohn durchschnorren. John kaufte ihm ein Haus und stellte ihm einen Scheck für die Einrichtung aus. Er überwies ihm wöchentlich dreißig Pfund, damit er leben konnte. Sein Vater hatte inzwischen ein blutjunges Mädchen kennen gelernt und wollte sie heiraten. Aus dieser Ehe gingen später noch zwei Kinder hervor. Freddy bemäkelte bei diesem Zusammentreffen die Musik seines Sohnes. Kurz darauf diente er sich bei der Presse als Vater eines Beatles an. Er nahm eine Schnulze mit dem Titel "Thats´s My Life" auf, für die er beim Melody Maker auch noch Werbung machen wollte. Diese Geschichte war John sehr peinlich. Dennoch war John sehr großzügig und er unterstützte nebenbei auch noch alte Freunde. Er war inzwischen Millionär und sein Vermögen ließ sich kaum noch richtig einschätzen. Die Beatles kauften sich eine Supermarktkette und gingen an die Börse.
Im Jahr 1965 wurde den Beatles auch von der Königin ein Orden verliehen. John Lennon wollte diesen Orden ablehnen, aber Brian Epstein überredete ihn dazu, den Orden doch anzunehmen. Eine Ablehnung hätte den Beatles großen Schaden zugefügt. Als bekannt wurde, dass den Beatles ein Orden verliehen werden sollte, kam es unter den pensionierten Obristen zu Wutausbrüchen. Es gab sogar Menschen, die ihre Orden aus Protest zurückgaben. John ritt heftige Attacken gegen sie. Er meinte, Offiziere bekämen ihre Orden dafür, dass sie Menschen töteten. Die Beatles seien aber wegen ihres Unterhaltungswertes ausgezeichnet worden. Er sagte: "Wenn man das vergleicht, würde ich sagen, dass wir unseren Orden eher verdient haben." Die Beatles bekamen den Orden für die Exporte, da sie England Geschäfte in Millionenhöhe eintrugen. Als der Orden bei John Lennon eintraf, schickte er ihn Tante Mimi, die sehr stolz darauf war.
Im Jahr 1966 beschlossen die Beatles, nicht mehr auf Tournee zu gehen. Man erwartete von ihnen, dass sie zwei Tourneen im Jahr machten, drei Singles und zwei Alben mit selbst geschriebenen Material herausbrachten, dazu kamen die Dreharbeiten zu den Filmen und für das Fernsehen. Der Zeitdruck war unfassbar. Die Massenhysterie war auf dem Höhepunkt und die Beatles konnten sich auf der Bühne selbst nicht mehr hören, weil das Gekreische zu laut geworden war. Für John Lennon war diese ganze Entwicklung nur noch ein makabrer Scherz. Seine Songs drückten zu dieser Zeit Introversion, Traurigkeit und den Verlust der Unschuld aus. Die Texte von Bob Dylan hatten ihn zu dieser ehrlichen Aussage inspiriert. Auf dem Album "Beatles For Sale" wird dieser Einfluss ganz deutlich. Als die Beatles nicht mehr auf Tournee gingen, floss die ganze Kreativität der Gruppe in die Plattenaufnahmen. George Harrison war der treibende Faktor gewesen, um die Tourneen zu beenden und John Lennon stand hinter ihm. Paul war der Meinung, man brauche die Bühne und Ringo hätte auch gern noch weiterhin auf der Bühne im Rampenlicht gestanden, aber George und John hatten ihren Entschluss gefasst. Brian Epstein war von dieser Idee überhaupt nicht begeistert, aber auch er konnte die beiden nicht umstimmen. Nach dem letzten Konzert der Beatles betrank er sich sinnlos und rief John Lennon an, um ihm mitzuteilen, wie besorgt der Veranstalter war, weil sie keine Tournee mehr machen wollten. Lennon erwiderte wütend: "Sag ihm, er soll unsere vier Wachsfiguren schicken, die zum richtigen Zeitpunkt mit den Köpfen wackeln. Keiner wird den Unterschied merken."
John Lennon hatte sich in einem Interview folgendermaßen geäußert: "Das Christentum wird abtreten. Es wird abnehmen und verschwinden. Ich brauche keine Argument dafür, ich habe recht, und es wird sich erweisen, dass ich recht habe ? wir sind jetzt beliebter als Jesus; ich weiß nicht, was zuerst verschwinden wird ? der Rock and Roll oder das Christentum. Jesus war in Ordnung, aber seine Jünger waren fett und gewöhnlich. Ihre Verdrehungen sind es, die für mich das Christentum kaputt machen." Monate später tauchten Lennons Aussagen in der amerikanischen Zeitschrift Datebook wieder auf. Auf der Titelseite war zu lesen: Lennon nahm für die Beatles in Anspruch, sie seien Jesus Christus überlegen! Die Reaktion in Amerika war verheerend. Sie wurden dort als Frevler beschimpft und eine Welle von Anti-Beatles Demonstrationen breitete sich über den Süden aus. Der Ku-Klux-Klan marschierte auf und es kam zur öffentlichen Verbrennung ihrer Schallplatten. Viele Rundfunksender boykottierten ihre Songs. Der Druck wurde so groß, dass Lennon weinte. Er erklärte öffentlich: " Ich bin nicht anti-Gott eingestellt, nicht anti-christlich, nicht anti-religiös. Ich habe nicht gesagt, dass wir größer oder besser sind. Ich glaube an Gott, aber nicht als einen alten Mann im Himmel. Ich glaube daran, dass Gott, wie man sagt, in uns allen ist. Ich habe nicht gesagt, dass die Beatles besser als Gott oder Jesus sind." Am Ende dieser Rede entschuldigte sich John Lennon und verurteilte danach die Einmischung Amerikas in den Vietnamkrieg.
Am 10. November 1966 lernte John Lennon Yoko Ono kennen. Er hatte ihre Ausstellung mit dem Titel "Unvollendete Bilder und Objekte" besucht und war fasziniert von den Arbeiten der japanischen Künstlerin. Sie war klein und zierlich, ganz in schwarz gekleidet und hatte lange, schwarze Haare. Sie drückte John eine kleine Karte in die Hand, auf die nur ein einziges Wort gedruckt war: ATME. John und Yoko waren auf dem gleichen Trip. Es gab eine magnetische Anziehungskraft zwischen den beiden. Bald waren sie unzertrennlich, obwohl beide noch verheiratet waren. Erst ein Jahr später beichtete John seiner Frau Cynthia die Affäre. Cynthia war sehr traurig und weinte, aber in dieser Aussprache fühlte sie sich John zum ersten Mal wieder nah. Nach langer Zeit hatte er endlich einmal seine Gefühle offenbart. Ihre Ehe war die ganze Zeit ein Leerlauf gewesen. Durch Johns Drogenexzesse fühlte sich Cynthia entfremdet und sie hatte lange Zeit keinen Zugang mehr zu ihm gehabt. Indessen bombardierte Yoko John mit Briefen und kleinen Botschaften.
Im Jahr 1967 kam das Album "Stg. Pepper?s Lonely Hearts Club Band" auf den Markt. Es war ein experimentelles Album und die Beatles hatten darin ihre Drogenerfahrungen verarbeitet. John Lennon war zu dieser Zeit von dem Song "A Whiter Shade Of Pale" von Procol Harum total begeistert. George Harrison hatte bei Ravi Shankar Sitar gelernt und setzte das Instrument auf dem neuen Album ein. Seine Frau Patti erzählte John von der Transzendentalen Meditation, die der Maharishi Mahesh Yogi aus Indien lehrte und John ließ sich von ihrer Begeisterung anstecken und besuchte einen Vortrag des Meisters. Indessen häuften sich Yokos Anrufe und sie bat John um die Unterstützung ihrer künstlerischen Vorhaben. Am 27. August wollte John zu einem Meditationskurs des Maharishi fahren, als ihn die Nachricht von Brian Epsteins Tod erreichte. Er war an einer Überdosis Tabletten gestorben. Vorher hatte er noch einmal verzweifelt versucht, die Gruppe zu neuen Tourneen zu überreden und war damit auf Granit gestoßen. Am Ende war Brian Epstein ein Manager ohne Aufgabe, denn in den Aufnahmestudios hatte er nichts zu sagen. Als John die Nachricht von seinem Tod erreichte, hatte er tief in seinem Herzen das Gefühl, mit den Beatles sei es nun zu Ende. Aber die Lehren des Maharishi halfen John, über diesen Verlust hinwegzukommen. John wollte nun diese Lehre in aller Öffentlichkeit verbreiten.
1968 flogen die Beatles nach Rishikesh in Indien, um den Maharishi zu begleiten. John meditierte acht Stunden täglich und schrieb nebenbei fünfzehn Songs. John und George nahmen die Meditationen sehr ernst und John verbrachte viel Zeit mit dem Maharishi. Yoko schrieb ihm Botschaften, für die er in diesem meditativen Zustand sehr empfänglich war: "Ich bin wie eine Wolke. Sieh dich im Himmel nach mir um." Die Beziehung zu Cynthia war zu dieser Zeit auf dem Nullpunkt. Als John wieder in England war, fiel es ihm schwer, wieder in die graue Realität zurückzufinden. Zu dieser Zeit beschlossen die Beatles, ihre Firma Apple zu gründen. Aus einer italienischen Zeitung erfuhr Cynthia, dass John und Yoko nun ein unzertrennliches Paar waren. John hatte nicht den Mut gehabt, ihr diese Nachricht persönlich mitzuteilen. Die Ehe wurde bald darauf geschieden und Yoko wurde schwanger.
Am 8. November 1968 wurden Cynthia hunderttausend Pfund zugesprochen und sie bekam das Sorgerecht für Julian. Paul McCartney schrieb das Lied "Hey Jude" für Julian. Mit diesem Lied wollte er ihn trösten. In der ersten Zeit nach der Scheidung ging es Cynthia sehr schlecht, aber bald hatte sie sich damit abgefunden, dass Yoko die Frau war, die zu John Lennon passte. Sie heiratete einen italienischen Hotelier, aber die Ehe wurde bald geschieden. Eine weitere Ehe mit einem Elektroingenieur aus Liverpool endete auch mit einer Scheidung. Aber John fühlte sich bald wieder wie ein junger Rebell und er war der Meinung, die Beatles hätten ihn zur Marionette gemacht. Als er Yoko kennen lernte, wollte er ein ganz neues Leben anfangen.
Yoko Ono wurde am 18. Februar 1933 in Tokio geboren. Ihr Vorname bedeutet Ozeankind. Sie stammte aus einer reichen Familie. Als Yoko achtzehn Jahre alt war, wurde ihr Vater zum Vorsitzenden der Bank of Tokio in New York ernannt. Yoko besuchte in New York das College. Sie verließ es aber vorzeitig, weil sie mit ihrem ersten Ehemann Toshi Ichiyanagi durchgebrannt war. Bald darauf verschrieb sie sich der Kunst und tat sich mit dem amerikanischen Jazz-Musiker und Filmproduzenten Anthony Cox zusammen. Er wurde ihr zweiter Ehemann. Im Jahr 1962 zogen sie nach London. Ihre gemeinsame Tochter Kyoko wurde im August 1963 geboren. Als die Zeitungen über Yokos Liaison mit John Lennon berichteten, war die Trennung unvermeidlich. In New York hatte Yoko einen Film über die Hintern berühmter Leute gemacht. Er hieß "Four Square" und wurde in London wiederholt. Yoko hatte viel Humor und sie war sehr geschäftstüchtig. Sie verstand es immer, ihre Vorstellungen in die Realität umzusetzen.
Als das "White Album" produziert wurde, brachte John Yoko mit in das Aufnahmestudio. John und Yoko wurden unzertrennlich. Dies war ein Vordringen in das Heiligtum der Beatles. Paul und George und Ringo begegneten Yoko mit Verachtung. John nahm ihnen diese Haltung sehr übel. Das "White Album" setzt sich hauptsächlich aus den Songs zusammen, die die Beatles in Indien geschrieben hatten. Es ist vielleicht das schönste Album, das die Beatles jemals gemacht haben. Jedenfalls war John dieser Meinung. Zu dieser Zeit kam es langsam zum Bruch zwischen John und Paul. Johns ganze Aufmerksamkeit galt Yoko und Paul nutzte diese Chance, um die Beatles unter seiner Regie weitermachen zu lassen. Der Fernsehfilm "Magical Mystery Tour" war Pauls Idee gewesen und er wurde der erste Fehlschlag der Beatles. John konnte die ganze Story des Films nicht ausstehen und ärgerte sich über die Kosten, die sich auf fünfundsiebzigtausend Pfund beliefen. John fand, es war der kostspieligste Amateurfilm aller Zeiten. Während es in der Band kriselte, traten John und Yoko betont gemeinsam in der Öffentlichkeit auf. Auch äußerlich näherten sie sich immer mehr einander an. Sie trugen die gleiche Kleidung und John trug jetzt einen Mittelscheitel.
Im November 1968 erlitt Yoko Ono eine Fehlgeburt. Sie war fünfunddreißig Jahre alt und man sagte ihr, sie hätte mit Komplikationen rechnen müssen. John schlief neben ihr im Krankenhausbett und war schrecklich deprimiert. Bald darauf wurde in Johns Wohnung elf Gramm Cannabis gefunden. Irgendjemand hatte der Polizei einen Tipp gegeben. John war später der Meinung, Paul stecke dahinter. Die Öffentlichkeit war zu dieser Zeit nicht mehr gut auf ihn zu sprechen. John bekannte sich schuldig und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Nun hatten die Beatles ihr braves Image verloren. Im Sommer 1968 hatten Apple Music, die Apple Boutique, Apple Films und Apple Electronics nicht einen einzigen Film gemacht, keine Erfindung verkauft und auch keine Geschäfte außerhalb Londons eröffnet. Als die Boutique geschlossen wurde, verschenkte man einfach die teuren Kleider. Apple hatte eine Million Pfund verschlungen und keinen Gewinn gebracht. Man hatte zu viele Mitarbeiter mit großzügigen Gehältern eingestellt und die Besucher zu gut bewirtet. Richard Di Lello beschrieb das Klima in der Firma als die größte Cocktailparty aller Zeiten.
John Lennon wollte deshalb aus der Firma aussteigen. Aber auch für die Beatles war das Ende in Sicht. Sie drehten noch den Film "Let It Be". Dieser Film zeigte interne Streitereien bei den Aufnahmen zum gleichnamigen Album. Für John waren die Beatles absolut gestorben. John orientierte sich inzwischen an zeitkritischen Texten, während Paul weiterhin Liebeslieder schrieb. Sie hatten sich inzwischen auch musikalisch auseinander dividiert. Paul hatte mit "Hey Jude" einen Hit geschrieben, während Johns "Revolution" auf der B-Seite zu finden war. Paul wollte die Gruppe unbedingt zusammenhalten und neue Versuche starten, aber John war entschlossen, die Gruppe zu verlassen.
John erschütterte seine Fans bald mit seinem Debütalbum "Two Virgins". Auf dieser Platte war auch Yoko zu hören. Es war ein künstlerisches Experiment, eine Zusammenstellung von obskuren Lauten und Toneffekten. Das war aber nicht der Grund, warum diese Platte so viel Aufsehen erregte. John und Yoko hatten sich auf dem Cover nackt ablichten lassen und daraus entwickelte sich ein Skandal. John bekam Ärger mit der Zensur. Der Zoll verhängte eine Sperre über Tausende von Exportplatten und am Ende wurden sie beschlagnahmt. John wollte die Reaktion der Leute testen und war enttäuscht. Die Platte wurde ein kommerzieller Misserfolg und die Kritiken waren schlecht.
Am 12.März 1969 heiratete Paul McCartney in London die New Yorker Fotografin Linda Eastman. Keiner der anderen Beatles wurden zur Hochzeit eingeladen. Mitte 1969 beschäftigten sich die Beatles damit, wie die Auflösung der Gruppe formell zu regeln war. Im September 1969 waren John und Yoko aufgefordert worden, bei einem Rockkonzert in Toronto aufzutreten. John stellte praktisch über Nacht eine neue Band zusammen und fing ganz von vorne an. Er gründete die Plastic Ono Band. Vierundzwanzig Stunden vor dem Auftritt in Toronto rief er Eric Clapton an und sagte einfach: "Wir treten bei diesem Konzert in Toronto auf. Warum machst du nicht einfach mit?" Eric war einverstanden und brachte Johns alten Freund aus Hamburger Zeiten Klaus Voormann mit, der inzwischen Bass spielte. Sie hatten kaum Zeit für eine Probe und der Auftritt war musikalisch nicht perfekt, aber gerade diese Ungeschliffenheit konnte John wieder begeistern. Im Flugzeug hatte er Eric und Klaus erzählt, dass es mit den Beatles aus sei. John hatte die Beatles zwar als erster verlassen, aber aus taktischen Gründen wurde in der Presse verlautbart, Paul habe Schluss gemacht. Beim Erscheinen seines ersten Soloalbums "McCartney" gab er eine Presseerklärung ab. Als Begründung für seinen Ausstieg aus der Gruppe gab er persönliche Differenzen, geschäftliche Differenzen und musikalische Differenzen an. Für die Medien stand weltweit ohne jeden Zweifel fest, dass Paul ausgestiegen war. John war wütend, dass Paul ihm die Rolle dessen wegschnappen wollte, der die Entscheidung traf. Die Beziehung zu Paul blieb gestört. Im März 1971 wurden die Beatles vor dem hohen Gerichtshof als Gruppe rechtlich aufgelöst.
Im Februar 1969 wurde Yoko von ihrem zweiten Mann geschieden. Sieben Wochen später hatten John und Yoko geheiratet. John änderte seinen zweiten Namen Winston in Ono um. Er nannte sich nun John Ono Lennon. Yoko nannte sich auch nach der Hochzeit weiterhin Yoko Ono. Sie hatten sich im März 1969 in Paris aufgehalten und waren von dort aus nach Gibraltar geflogen, um sich trauen zu lassen. Braut und Bräutigam waren ganz in weiß gekleidet. John sagte, von jetzt an würden sie alles gemeinsam tun. Yoko sagte, sie würde sicherlich nicht die herkömmliche Ehefrau sein, falls das bedeutete, ihm die Hausschuhe zu bringen. Sie betrachtete die Ehe als eines ihrer größten Happenings. Ihre Flitterwochen verbrachten die beiden sieben Tage lang in einem Hotelbett in Amsterdam und machten tatsächlich ein Happening daraus. Es war das berühmte Bed-In für den Frieden. Sie saßen in weißen Schlafanzügen in ihrem Bett und waren von Blumen umgeben. Sie luden die Presse ein und es erschienen fast hundert Reporter aus aller Welt. Sie gaben die ganze Zeit Interviews, um der Öffentlichkeit ihre Friedensbotschaft zu verkünden. Die erste Ermunterung zu einer Friedenskampagne hatte ihnen ein Brief von Peter Watkins gegeben. Er hatte von der Obszönität des Krieges und von der Macht von Künstlern wie John gesprochen. John hatte sich einen Bart wachsen lassen und sein Haar war sehr lang. Er appellierte an andere, sich die Haare als Symbol für die Friedenskampagne ebenfalls wachsen zu lassen. Diese Geschichte war eine bessere Propaganda als alles, was einem Minister jemals gelungen war. John sagte: "Wir sind bereit vor der Welt als Clown dazustehen, wenn das zur Verbreitung des Friedens beiträgt. Zu viele Menschen sprechen darüber und tun doch nichts." John schrieb seine Friedenshymne "Give Peace A Chance" und alle Besucher im Hotelzimmer sangen mit.
John spendete auch große Summen für wohltätige Zwecke, aber das hing er nicht an die große Glocke. John und Yoko drehten danach kleine Filme. In dem Film "Smile" sah man nichts weiter als Johns Gesicht, das die verschiedensten Gesichtsausdrücke zeigte. John kaufte für sich und Yoko ein großes Landhaus. Zu dem Anwesen gehörte eine große Parklandschaft. Hier konnte John sich auch ein Aufnahmestudio einrichten. Zu dieser Zeit schickte John seinen Orden mit folgenden Wortlaut an die Königin zurück: "Eure Majestät, ich gebe diesen Orden zurück aus Protest gegen die Einmischung Großbritanniens in der Nigeria-Biafra-Geschichte, gegen unsere Unterstützung Amerikas in Vietnam und aus Protest dagegen, dass "Cold Turkey" in den Hitparaden nach unten rutscht." Eine Kopie des Schreibens ging an Premierminister Harald Wilson.
1970 machte John eine schwere Krise durch und entschloss sich, bei Janov eine Urschrei-Therapie zu machen. John war inzwischen stark Heroinabhängig geworden. Er verarbeitete diese Erfahrung auf dem Album John Lennon/Plastic Ono Band. Dieses Album wurde als eines der größten Werke des Rock angesehen. John arbeitete bei Janov seine alten Verletzungen auf und lernte, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Danach erschien das einzigartige Album "Imagine". John begleitete sich auf diesem Album selbst am Klavier und die Songs waren sehr poetisch. Yoko hatte inzwischen drei Fehlgeburten gehabt. Ihr Kampf um das Sorgerecht für ihre Tochter Kyoko brachte sie und John im Herbst 1971 nach New York. Als sie wieder in England waren, fassten sie den Entschluss, in New York zu leben. London war John zu eng und zu spießig geworden. John hatte sich im Laufe der Zeit immer mehr politisch engagiert und den Song "Power TO The People" geschrieben. Die Krise in Nordirland empörte ihn. Am 3. September 1971 verließen John und Yoko London, um sich in New York niederzulassen.
Sie kauften sich eine kleine Zweizimmerwohnung in der Bank Street und richteten sich spartanisch ein. Als Bett diente eine Matratze und als Bettdecke eine amerikanische Flagge. Sie kauften sich Fahrräder und Bob Dylan zeigte ihnen das Village und ging mit ihnen in die Clubs. John Sinclair war ein linker Schriftsteller, der wegen des Besitzes von zwei Joints zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden war. John und Yoko hatten bei einer Benefizveranstaltung mitgemacht, die Sinclairs Freilassung innerhalb von drei Tagen bewirkte, nachdem er vorher zwei Jahre seiner Strafe abgesessen hatte. Dieser Erfolg begeisterte John. Linksintellektuelle und politische Aktivisten fingen an, sein Leben zu beeinflussen. John und Yoko sangen ganz spontan mit David Peel auf der Straße und fünfzig Menschen schlossen sich ihnen an. Leider hielt die Polizei John für ein Sicherheitsrisiko und scheuchte die Menschen auseinander. John produzierte ein Album von David Peel und dessen Band. Die LP wurde direkt nach ihrem Erscheinen bei Apple weltweit verboten, weil sie den Song "The Pope Smokes Dope" enthielt. Apple hatte sich inzwischen wieder erholt, weil John den Manager Allen Klein engagiert hatte, den Mick Jagger ihm empfohlen hatte. Paul McCartney wollte seinen einflussreichen Schwiegervater auf diesem Posten haben, aber die anderen Beatles stimmten dagegen. Auch aus diesem Grund bekriegten sich John und Paul sogar in ihren Songtexten.
David Peel besuchte die Lennons häufig in New York und war von Yokos makrobiotischer Küche sehr angetan. Die Lennons lebten rein vegetarisch. Aber David konnte nicht verstehen, dass John sogar im Village immer von seinen Leibwächtern umgeben war. John hatte immer Angst vor aufdringlichen Fans und Schnorrern. Johns Visum lief am 29. Februar 1972 ab. Schon bald wurde ihm klar, dass es gar nicht so leicht sein würde, auf Dauer in Amerika zu bleiben. Die Regierung berief sich auf Johns Rauschgiftanklage von 1968 und verweigerte das Visum. John nahm sich einen bekannten Anwalt. Die Schwierigkeiten gingen vom senatsinternen Unterausschuss für Sicherheitsfragen aus. Er war in den fünfziger Jahren gegründet worden, als in Amerika das Gespenst einer kommunistischen Infiltration umging. Selbst im Jahre 1972 handelte dieser Ausschuss nach der gleichen Philosophie. Der Ausschuss war der Meinung, Lennon unterstütze möglicherweise eine Gruppe mit Geldmitteln oder auf eine andere Weise, die 1968 Störungen beim Parteitag der Demokraten hervorgerufen hatte. Man fürchtete, dasselbe könne sich beim Parteitag der Republikaner 1972 wiederholen. Selbst die Nixon-Administration interessierte sich auf höchster Ebene für das, was John Lennon tat. Man sah in ihm eine Attraktion der radikalen neuen Linken, die gegen Nixon vorgehen wollte. John sah sich schon als Teil einer Verschwörung, die sich gegen eine Einigung der Jugend wandte. Paul McCartney hatte inzwischen auch eine Drogenklage am Hals. Jimi Hendrix und Jim Morrison, zwei herausragende Vertreter der Jugendkultur, waren tot und die Rolling Stones standen unter Beobachtung.
Im April 1972 waren John und Yoko auf eine Vietnam-Demonstration und hielten eine Rede. Bald darauf wurden sie vom CIA beschattet und die Telefongespräche wurden abgehört. Der Kampf um die Einwanderungsgenehmigung dauerte vier lange Jahre. Dabei wurde John von dem New Yorker Bürgermeister John Lindsay unterstützt. Sogar Henry Kissinger und Norman Mailer setzten sich für ihn ein. Am Ende trug John Lennon den Sieg vor Gericht davon und bekam die ersehnte Green Card, weil die klügsten Köpfe seine Fürsprecher waren. Außerdem wurde über die Bespitzelung in den Medien berichtet und daraufhin sofort eingestellt. John Lennon war inzwischen eine reiche und bedeutende Persönlichkeit geworden. Für seine Fans war er schon beinahe ein Heiliger, eine Art Mahatma Gandhi der Popmusik. Aus diesem Grund wollten die Amerikaner ihn dann am Ende doch nicht zurückweisen. John konnte diesen ganzen Wirbel um die Aufenthaltsgenehmigung gar nicht verstehen. Er sagte nur in seiner lakonischen Weise: "Ich dachte immer, dass die Freiheitsstatue sagt: Komm!"
Im Herbst 1973 hatten sich John und Yoko getrennt. Sie lebten inzwischen in einer großen Wohnung im Dakota-Gebäude in Manhattan, wo auch das Büro ihrer Firma Lenono untergebracht war. In diesem Gebäude wurde der Film "Rosemarys Baby" von Roman Polanski gedreht. In diesem Film geht es um eine Satans-Sekte. Man behauptete, diesem großen und etwas unheimlichen Gebäude hinge ein Fluch an. Es war auch seltsam und unheimlich, dass der Massenmörder Charles Manson ausgerechnet den Beatles-Song "Helter Skelter" mit Blut an die Wände schmieren ließ, als Romans Polanskis Frau grausam ermordet wurde. Charles Manson hatte die Texte der Beatles in seinem Wahn vollkommen falsch interpretiert. John Lennon fühlte sich in der ersten Zeit in diesem Haus nicht sehr gut. Er trank zu viel, war permanent gereizt und die Symbiose mit Yoko war ihm zu eng geworden. John und Yoko stritten sich täglich und fauchten sich nur noch an. Yoko entschloss sich zu einer vorübergehenden Trennung. John war nicht glücklich über diesen Entschluss, dennoch warf sie ihn einfach raus. Sie schickte ihren Mann einfach nach Kalifornien und gab ihm die chinesische Sekretärin May Ping mit auf den Weg, damit sie sich um ihn kümmern konnte. John war noch nie allein mit einem Wagen in Amerika herumgefahren, er konnte in keinen Supermarkt gehen, er konnte seine Wäsche nicht waschen und kein Restaurant betreten. Er blieb niemals lange unerkannt und hatte die einfachsten Dinge im Leben schon beinahe verlernt. Die Beziehung zwischen Yoko und John hatte sich schon beinahe in ein Mutter-Sohn-Verhältnis umgewandelt. John nannte Yoko nur "Mother" und er gehorchte ihr wie ein kleiner Junge. Vielleicht brauchte John diese Mutter, weil er den Tod seiner Mutter Julia niemals richtig verarbeitet hatte. Yoko war sich bewusst, dass John wahrscheinlich ein Verhältnis mit May Ping eingehen würde, aber das war immer noch besser, als jede Nacht ein anderes Groupie zu vernaschen. John machte zu dieser Zeit seine Midlife-Crisis durch. Er wollte wieder an seine Jugendzeit anknüpfen und aus den alten Bahnen ausbrechen. Er war tief deprimiert und der Drogenkonsum spielte dabei wohl auch eine große Rolle. In dem Song "Cold Turkey" hatte er die grausamen Entzugserscheinungen auf geniale Weise in Musik umgesetzt. Auf dem Cover stand die Anweisung: Play Loud! Da hört man Johns klagende Stimme in einem eiskalten Raum voller Hall und die Gitarre klingt so hart, dass der Schmerz spürbar wird.
John wohnte in Bel Air und machte Zeiten durch, die schlimmer waren als in Hamburg. Er war ständig betrunken, beschimpfte seine besten Freunde und demolierte deren Möbel. Jeden Tag rief er Yoko an und wollte zurückkehren. Bei einem Konzert von Jerry Lee Lewis wankte er hinter die Bühne und küsste ihm die Schuhe. John hatte dann tatsächlich ein Verhältnis mit May Ping, aber die Beziehung ging nicht in die Tiefe. Er war ihrer schnell überdrüssig. Zu dieser Zeit schrieb er die Songs für das Album "Walls And Bridges". Es drückte seine damalige Stimmung aus. Auf diesem Album war auch der Song: "Nobody Loves You When You Are Down And Out "zu finden. Zu dieser Zeit flog Cynthia mit ihrem Sohn nach Amerika, weil John einmal ohne Yoko Ono anzutreffen war. John hatte seinen Sohn drei Jahre nicht mehr gesehen. Er hatte nur ab und zu mit ihm telefoniert. John liebte seinen Sohn, aber er hatte ihm gegenüber auch ein schlechtes Gewissen. Sie machten zu dritt einen Ausflug nach Disneyland und Julian hatte seinen Spaß. Cynthia wollte mit John über die Zukunft ihres Sohnes sprechen, aber John brachte es nicht einmal fertig, Cynthia in die Augen zu sehen. Er war einfach nicht fähig, mit seiner Frau zu reden.
Langsam fand John wieder zu seinem normalen Leben zurück. Er hatte sich mit Paul McCartney getroffen und sie hatten drei Tage zusammen verbracht. Er trank weniger und ging mit Elton John ins Studio und gab mit ihm ein Konzert. John Lennon und Elton John bewunderten sich gegenseitig und sie waren eng befreundet. Vor dem Konzert mit Elton John wurde John Lennon eine Geranie von Yoko überreicht. Er wusste nicht, dass sie auch im Publikum saß, sonst hätte er wohl nicht auftreten können. Im Januar 1975 nahm Yoko ihn wieder bei sich auf. Sie erwartete von ihm, dass er nicht mehr trank und verbannte den Alkohol aus dem Dakota. Bald darauf wurde Yoko schwanger. Sie war inzwischen zweiundvierzig Jahre alt. John umsorgte sie während der ganzen Schwangerschaft wie eine Glucke. Er wollte eine schöpferische Pause einlegen und sich auf seine Vaterrolle konzentrieren. An Johns fünfunddreißigstem Geburtstag wurde sein Sohn Sean geboren. Es war eine schwere Geburt. Das Baby wurde durch einen Kaiserschnitt entbunden und Yoko wäre beinahe bei der Geburt gestorben. Nachdem sie aus der Narkose erwacht war, wollte John zu ihr gelassen werden. In diesem kritischen Moment kam ein Arzt auf ihn zu und wollte ein Autogramm haben. John konnte sich über diesen Vorfall gar nicht mehr beruhigen. Er war außer sich vor Wut. Als es Yoko besser ging, rief er zuerst bei seiner Tante Mimi an. Er war voller Freude und wollte einen Weltbürger aus seinem Sohn machen.
Kurz nach der Geburt wollte Yoko ganz allein die Geschäfte übernehmen und John sollte sich um den Sohn kümmern. Sie sagte: "Ich habe das Baby neun Monate lang ausgetragen und ich habe es zur Welt gebracht. Jetzt bist du dran, dich um das Kind zu kümmern." John war damit einverstanden. Yoko regelte ganztags in ihrem Büro im Parterre sämtliche Geschäftsangelegenheiten, während John sich im siebten Stock um Sean kümmerte. Yoko hatte seltsame Schlafgewohnheiten. Sie schlief alle paar Stunden nur eine Viertelstunde und war schon am frühen Morgen im Büro anzutreffen. Manchmal telefonierte sie auch die ganze Nacht hindurch. Das Telefonieren war ihr beinahe wichtiger als persönliche Kontakte. Sie konsultierte ständig Astrologen, Hellseher und Kartenleger und ließ sich von ihnen beraten. Auch die Angestellten wurden von ihnen durchgecheckt. Auch im Privatleben machen John und Yoko keinen Schritt vor die Tür, wenn er astrologisch nicht abgesegnet war. John übernahm indessen mit totaler Hingabe die Mutterrolle für Sean, die Yoko anscheinend total ablehnte. Das Baby wurde von ihm gefüttert und gebadet und gewindelt. Als John einmal einen Pickel auf der Haut seines Sohnes entdeckte, nahm er sich alle Büro- und Hausangestellten einzeln vor und erteilte ein Verbot, dem Baby Zucker zu geben. Er sagte: "Sean ist zwar nicht aus meinem Bauch gekommen, aber die Knochen forme ich ihm." Elton John wurde Seans Taufpate.
Yoko erwarb fünf Wohnungen im Dakota, investierte in die Landwirtschaft mit ökologischem Anbau, kaufte Villen und Häuser und eine Hochsee-Yacht. Sie kaufte Kunstwerke, Teppiche und wertvolle Kunstgegenstände. Yoko hatte Johns Vermögen bald vermehrt. Am Ende der siebziger Jahre wurde Johns Vermögen nach vorsichtigen Schätzungen mit hundertfünfzig Millionen Dollar angegeben. Jährlich kamen zehn Millionen Dollar Tantiemen dazu.
John machte den Beruf des Hausmanns populär. Er war glücklich, einmal nicht arbeiten zu müssen. Zu dieser Zeit entstand der Song: "I`m Just Sitting Here Watching The Wheels Go Round And Round.? John begann mit Leidenschaft, Brot zu backen. Es war so gut, dass die Angestellten im Dakota bei ihm Schlange standen, um ein Brot zu ergattern. Aber es gab keine goldene Schallplatte dafür. John ernährte sich streng makriobotisch und machte Yoga-Übungen. In dieser Zeit las er viel Zeitung und verbrachte viele Stunden allein vor dem Fernseher.
Im Juni 1977 fuhren John und Yoko mit Sean nach Japan. Sie lebten in einem Hotel in der Stadt Karuizawa, denn Yokos Mutter lebte dort. John war froh, dass er sich dort einmal unerkannt und frei bewegen konnte. Er genoss die einfachen Verhältnisse. John und Yoko fuhren auch nach Tokio. Sie wohnten dort in einem großen Hotel. Dort gab es Aufzüge, die direkt in den Vorraum der gigantischen Suite führten, die für John reserviert war. John saß eines Tages da und sang seinem Freund Elliot Minz leise "Jealous Guy" vor und spielte dazu Gitarre. Plötzlich öffneten sich die Türen zum Fahrstuhl und einige Japaner, die sich offensichtlich im Stockwerk geirrt hatten, traten heraus und sahen einen Sänger, den sie nicht kannten. Dennoch blieben sie stehen und hörten begeistert zu. John hatte unglaublich zart und schön gesungen. Die Leute applaudierten und gingen wieder zu ihrem Aufzug. Das ist John Lennons letzter öffentlicher Auftritt gewesen.
John unternahm bald große Reisen. Zwischendurch schrieb er einen Song oder ein Gedicht. Er überhäufte Sean mit Spielzeug und begann, sich selbst schöne Dinge zu kaufen. Yokos "Positiver Materialismus" hatte ihn angesteckt. Er sagte: "Ich gebe Sean den ganzen Kram, damit ihm dieses Zeug in zehn Jahren nichts mehr bedeutet." Vielleicht ging diese Theorie auf, denn Seans liebster Besitz war später eine wertlose Sammlung von Steinbrocken. Sean konnte sich mit acht Jahren für Geologie begeistern. Er sammelte am liebsten Muscheln am Strand. John selbst aber überkam ein regelrechter Kaufrausch. Er füllte auf seinen Reisen im Flugzeug ständig Bestellformulare der Versandkataloge aus und war überrascht wie ein Kind, wenn die Dinge dann im Dakota eintrafen, die er längst vergessen hatte. John kaufte immer mehr philosophische Bücher, die inzwischen eine ganze Bibliothek füllten.
Während der Jahre, in denen man nichts von John Lennon hörte, rissen die Punker die Musik-Szene an sich. Sie wollten keinen Elvis und keine Rolling Stones und keine Beatles mehr. Die Rockmusik hatte sich inzwischen zu gut etabliert. Zum ersten Mal seit den Anfangszeiten der Beatles und der Rolling Stones, kam es in der Musik wieder zum Generationskonflikt. Der Punk verdross die alte Garde, weil es nicht mehr wichtig war, ein Instrument zu beherrschen. Aber John interessierte das alles nicht mehr. Er war damit beschäftigt, ein guter Vater und Ehemann zu werden. Er betrachtete das Leben aus einem meditativen Blickwinkel. Er sagte: " Gott stehe Bruce Springsteen bei, wenn sie beschließen, dass er nicht länger Gott ist. Wenn er sich mit seinem eigenen Erfolg konfrontiert sieht und älter wird und immer wieder und immer wieder dasselbe produzieren muss, dann werden sie sich gegen ihn stellen, und ich hoffe, er überlebt es." John hatte sich freiwillig diesem Druck entzogen.
1980 entschloss sich John Lennon, mit einer fünfköpfigen Crew auf seiner Yacht Isis zu den Bahamas zu segeln. Die See war aufgewühlt und die ganze Mannschaft wurde seekrank. John musste das Steuer übernehmen und war dieser Anforderung durchaus gewachsen. Während dieser ganzen Reise ließ sich Yoko immer wieder am Telefon verleugnen oder sie wollte nicht gestört werden. Es war offensichtlich, dass sie untreu geworden war. John schrieb in dieser Zeit den Song "Losing You", den er Yoko am Telefon vorspielte. John war in dieser Zeit sehr unruhig und traurig. Er musste die innere Leere unbedingt wieder ausfüllen und fasste den Entschluss, wieder ein Album zu machen. In einer Diskothek hörte er "New Wave" und es fiel ihm auf, dass an dieser Musik absolut nichts neu war. John machte sich wieder intensiv an die Arbeit und schrieb neue Songs. Das letzte Album, das John produzierte, hieß "Double Fantasy". Es war der Name einer Blume, die John auf den Bermudas entdeckt hatte.
Als John wieder in New York war, stürzte er sich voller Elan in die Arbeit. Es gab für das neue Album nicht einmal einen Vertrag. Er wollte dieses Album nur zum eigenen Vergnügen machen. Die besten New Yorker Musiker wirkten auf diesem Album mit. John plante auch noch eine große Tournee. John sagte am Ende über seine Schaffenspause: "Für mich war es eine wahre Erleuchtung als Hausmann zu leben, weil es die totale Umkehrung dessen war, wie ich erzogen worden bin. Ich habe es getan, um die Erfahrung zu machen, was es bedeutet, an der Stelle der Frauen zu sein, die es für mich getan haben. Ich bin froh, in dieser Richtung ein Vorreiter gewesen zu sein." John hatte sich fünf Jahre nur um Sean gekümmert, wie er es versprochen hatte und nun wollte er wieder Musik machen.
Am 8. Dezember 1980 wurde John Lennon erschossen. Der Abend des 8. Dezember war mild und lau. John und Yoko hatten fünf Stunden im Studio verbracht. Als ihr Wagen vor dem Dakota hielt, öffnete der Portier die Wagentür. John trat vor Yoko in den Bogengang. Eine Männerstimme rief: "Mr. Lennon?" Als sich John gerade umdrehen wollte, schoss ihm sein Mörder fünf Kugeln in den Rücken. Yoko schrie hysterisch nach einem Krankenwagen. John taumelte die sechs Stufen zum Pförtner des Dakota hinauf. Dort fiel er auf den Fußboden und stöhnte: "Auf mich ist geschossen worden." Der Pförtner riss sich die Jacke herunter und deckte John damit zu. Dann drückte er auf die Alarmtaste, die ihn direkt mit dem Polizeirevier verband. Innerhalb von zwei Minuten war ein Streifenwagen da. Sie brachten ihn so schnell wie möglich in das Hospital. Die Ärzte versuchten es mit einer Herzmassage, aber es war zu spät. John starb an dem großen Blutverlust.
Im Dakota wurden der Kassettenrekorder und das Band, das John bei seinem Sturz in der Hand gehalten hatte, aufgehoben. Es war Yokos "Walking On Thin Ice". Als Yoko sich einigermaßen gefasst hatte, gab sie folgende Botschaft an die verstörte Welt: "John hat die Menschheit geliebt und für sie gebetet. Tut bitte dasselbe für ihn." Als die Nachricht um seinen Tod sich verbreitet hatte, strahlte man in der ganzen Welt seine Musik aus. Millionen Menschen trauerten um ihn. Vor dem Dakota standen die Menschen mit Kerzen und Blumen und sie weinten und beteten. Diese Totentrauer vor dem Haus dauerte mehrere Tage. Ständig erklang Johns Musik und Yoko konnte zu dieser Zeit im Dakota keinen Schlaf mehr finden.
John wurde in New York verbrannt. Pilgerscharen von Menschen machten sich auf den Weg. Vierhunderttausend Menschen versammelten sich im Central Park und hielten zehn Schweigeminuten ab. Nach japanischem Brauch schnitt Yoko sich die Haare ab.
Kurz vor dem Mord hatte der Mörder noch ein Autogramm von John bekommen. Er wurde zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Sein Motiv ist bis heute unklar. Vielleicht hatte er sich einfach nur zu sehr mit John Lennon identifiziert und konnte nicht mehr zu sich selbst finden. Er hatte ein Japanerin geheiratet und in den Hotels mit John Lennon unterschrieben.
John Lennon vermachte die Hälfte seines Vermögens seiner Frau Yoko und die andere Hälfte blieb geheim und ging wahrscheinlich an eine wohltätige Organisation. John und Yoko waren aktive Mitglieder in der Spirit Foundation. Ein Jahr zuvor hatte John tausend Dollar dafür gespendet, die dazu beitragen sollten, die Polizisten von New York mit kugelsicheren Westen auszustatten. Johns Söhne Sean und Julian sind inzwischen gute Freunde. Sie sind beide hochbegabte Musiker mit eigener Band. Beide denken mit Liebe und Verehrung an ihren Vater.